Die siebziger Jahre markierten den Höhepunkt der Gewässer- und Luftverschmutzungen in Deutschland. In Mainheim, einer kleinen Industriestadt in der Nähe Frankfurts eröffnen Minka und Caro 1972 die Schwimmbadsaison, als ihr Klassenkamerad Guy vor ihren Augen verunglückt. Ein Ereignis, das alles verändert.
Drei junge Frauen stellen daraufhin Fragen, die nicht jedem gefallen: Minka, die Tochter des SPD-Bürgermeisters, Caro, die Tochter des Direktors der Schokoladenfabrik und ihre vietnamesische Adoptivschwester Claire. Die Freundinnen entdecken immer mehr Geschehnisse in ihrer Stadt, die völlig falsch laufen und von ihren Vätern mitgetragen wurden: Vergiftetes Flusswasser, Luftverschmutzung und Experimente mit Psychopharmaka. Sie beginnen zu rebellieren und stellen die entscheidende Frage: Wie können sie noch dem Weg folgen, den ihre Eltern für sie vorgesehen haben?
Katharina Fuchs wuchs selbst in einer hessischen Kleinstadt auf. Tatsächlich war ihr Vater im wirklichen Leben der Direktor einer weltbekannten Schokoladenfabrik und ihre beste Freundin die Tochter des SPD- Bürgermeisters. Von ihrer Kindheit erzählt sie:
»Wenn es nach der Schokoladenmasse duftete, die in den Couchen erwärmt und gewalzt wurde, - das waren die guten Tage. An den anderen tränten uns von den scharfen Dämpfen der nahen chemischen Industrie die Augen.«
Sie erinnert sich daran, dass auch sie nach und nach entdeckten, dass es nicht normal ist, wenn das Wasser des Mains, der an ihrer Heimatstadt vorbei floss, mal weiß, mal gelb, mal orange, aber niemals klar war. Der Fluss war umgekippt, es war keinerlei Leben mehr darin. Auch die großen Hallen, in denen Kaninchen und Meerschweinchen gezüchtet wurden, kamen ihnen irgendwann verdächtig vor. Dieses Setting ihrer Kindheit greift die Autorin in ihrem neuen Roman auf. Katharina Fuchs betont aber auch:
»Ausgangspunkt meiner Romane sind immer die Figuren, die Menschen. Diesmal kannte ich sie von früher und habe sie ihre Geschichte erzählen lassen.«
Sie erzählt, wie engagiert sie damals waren und was sie dadurch erreichen konnten. Denn auch, wenn sich die Wasserqualität des Mains inzwischen stark verbessert hat, beschäftigen uns heute andere Umweltthemen wie der Klimawandel stärker denn je.
Auch in Katharina Fuchs’ vergangenen Romanen standen starke Frauen aus ihrer Familie im Fokus: In »Neuleben« ließ sie sich von dem Leben ihrer Tante und ihrer Mutter in den fünfziger Jahren inspirieren. Sie erzählt die Gesichte der jungen Therese, die in West-Berlin als eine von zwei Frauen ihr Jurastudium beginnt und sich den Repressalien ihrer Kommilitonen und der autoritären Hochschullehrer aussetzen muss. Ihre hübsche Schwägerin Gisela verfolgt ihren eigenen Traum in der neu gekürten »Modestadt« West-Berlin. Frisch verheiratet, wehrt sie sich gegen das überkommene Rollenbild der Fünfzigerjahre und verfolgt ihre Ideen zu einer eigenen Modelinie.
»Zwei Handvoll Leben« erzählt, basierend auf den Lebensgeschichten der Großmütter von Katharina Fuchs, die tief bewegende Lebensgeschichte zweier ganz unterschiedlicher Frauen vom 1.Weltkrieg bis in die 60er Jahre: Anna, die Tochter der bescheiden lebenden Schlosserfamilie im kleinen Schieferdachhaus im Spreewald, Brandenburg, und Charlotte, Tochter der großbürgerlichen Familie auf dem Gutshof Feltin in Sachsen. Zwei Weltkriege später, in den Trümmern Berlins, werden die beiden nicht nur durch die Ehe ihrer miteinander verheirateten Kinder verbunden sein, sondern auch durch ein unglaubliches, gegenseitiges Geständnis.